Legendärer Frachtsegler: Die "Passat" (2024)

Stand: 09.09.2020 16:31 Uhr

Der 1911 gebaute Flying-P-Liner war einer der schnellsten Frachtsegler der Welt. Heute liegt die Viermastbark "Passat" in Travemünde - als Zeugin einer vergangenen Epoche.

Sie ist eine maritime Legende - obwohl sie seit mehr als einem halben Jahrhundert nicht mehr über die Meere segelt: die "Passat". Die Viermastbark ist neben der "Peking", die Anfang September 2020 nach umfangreicher Sanierung in ihren Heimathafen Hamburg zurückkehrt, einer von zwei in Deutschland verbliebenen Flying-P-Linern. Dabei handelt es sich um jene legendäre Reihe von Frachtseglern der Hamburger Reederei F. Laeisz, deren Namen allesamt mit einem "P" beginnen und die vor allem für den Getreide- und Salpeterhandel mit Südamerika gebaut werden. Auf der ganzen Welt sind die Anfang des 19. Jahrhunderts gebauten Schiffe berühmt für ihre Schnelligkeit und Zuverlässigkeit.

9 BilderWahrzeichen Travemündes: Die "Passat"

Die "Passat" auf Jungfernfahrt um das Kap Hoorn

Am20. September 1911 läuft die "Passat" bei der Hamburger Werft Blohm + Voss vom Stapel. Drei Monate später, am Heiligabend, startet die Viermastbark zu ihrer Jungfernfahrt von Hamburg um das Kap Hoorn nach Valparaiso in Chile. Sie erweist sich als schneller Segler, die mit Geschwindigkeiten von bis zu 18 Knoten mit der zunehmenden Dampfschifffahrt konkurrieren konnte.

Taufspruch der "Passat":

"Der Sturm bedroht in der Nordsee den Segler. Dichter Nebel im verkehrsreichen Kanal bereitet Gefahr. Des Ozeans ganze Wucht trifft ihn in der Biscaya. Erst wenn der Wendekreis überschritten, zieht mit den vom Passat geschwellten Segeln das Schiff in schnellem Lauf seinem Ziele zu. Mögen günstige Winde Dich, Du stolzes Schiff, stets schnell und sicher in den schützenden Hafen geleiten. Diesem Wunsche soll Dein Name Ausdruck geben. Ich taufe Dich 'Passat'."

Taufpatin am 20. September 1911 war Gertrud Grau.

Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs sitzt die Viermastbark im Hafen von Iquique in Chile fest. Erst 1921 kehrt sie nach Europa zurück und gelangt als Reparationsleistung in den Besitz Frankreichs. Der französische Staat hat keine Verwendung für das Segelschiff, und so kauft die Reederei F. Laeisz ihr Schiff zurück und setzt es erneut in der Salpeterfahrt ein.

Dramatisch verlaufen die Jahre 1928 und 1929: Am 28. August 1928 kollidiert die "Passat" auf dem Ärmelkanal mit einem französischen Dampfer, nur acht Monate später erneut mit einem britischen Dampfschiff. Beide Unfälle übersteht sie mit Beschädigungen, kann aber nach kleineren Reparaturen in Rotterdam wieder in See stechen.

Die Flying-P-Liner

Die Segelschiffe der renommierten Hamburger Reederei Ferdinand Laeisz waren berühmt für ihre Geschwindigkeit und ihre Zuverlässigkeit. Alle Laeisz-Schiffe hatten Namen, die mit "P" begannen und waren in den Reederei-Farben schwarz-weiß-rot gestrichen.

Die letzten acht Laeisz-Segler nannte man auch die acht Schwestern. Sie wurden alle als Viermastbarken für die Salpeterfahrten nach Südamerika gebaut. Vier der Flying-P-Liner sind heute erhalten: die "Pommern", die "Peking", die "Passat" und die "Padua" (heute "Kruzenshtern").

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Segelschiff fährt ab 1932 unter finnischer Flagge

Schlimmer trifft es die Reedereri Laeisz: Die anhaltende Wirtschaftskrise zwingt das Unternehmen, einen Teil seiner berühmten Flying-P-Liner zu verkaufen. 1932 geht die "Passat" in den Besitz des finnischen Reeders Gustaf Erikson über und transportiert fortan Weizen von Australien nach Europa. Ab 1944 liegt sie in Stockholm als Getreidespeicher vor Anker, eine letzte Reise unter finnischer Flagge führt das Schiff 1947 noch einmal nach Australien und zurück. Anschließend dient die "Passat" wie ihr Schwesterschiff "Pamir" als Lagerraum.

Im Dezember 1950 sollen die beiden P-Liner in Antwerpen abgewrackt werden. Doch der deutsche Kapitän Helmut Grubbe, der selbst einmal auf der "Passat" gearbeitet hat, setzt sich dafür ein, die beiden Schiffe zu Segelschulschiffen umzubauen und überzeugt den deutschen Reeder Heinz Schliewen von seiner Idee.

Schiffsdaten der "Passat"

Baujahr: 1911
Schiffstyp: Viermast-Stahlbark
Gesamtlänge: 115 Meter
Breite: 14,40 Meter
Maximale Masthöhe: 54 Meter
Tiefgang: 7,24 Meter
Nation: Deutschland
Heimathafen: Travemünde
Eigner: Hansestadt Lübeck

Das zweite Leben der "Passat"

Und so wird die "Passat" ab 1951 umgebaut und modernisiert, dabei erhält sich auch einen Diesel-Hilfsmotor. Im Februar 1952 sticht sie als frachttragendes Segelschulschiff mit 54 Kadetten an Bord zu ihrer ersten Reise in See, die sie nach Südamerika führt. Doch schon im Dezember 1952 ist nach der zweiten Reise wieder Schluss: Die Reederei Schliewen geht Konkurs, die "Passat" wird in Kiel aufgelegt und 1954 zwangsversteigert.

Untergang der "Pamir" und Beinahe-Katastrophe auf der "Passat"

Eine Stiftung übernimmt die beiden Schwesterschiffe. Fünf weitere Reisen nach Argentinien und Uruguay unternimmt die "Passat" in den darauffolgenden Jahren. 1957 dann der große Schock: Die "Pamir" geht in einem schweren Sturm unter, 80 der 86 Besatzungsmitglieder finden den Tod. Nur wenige Wochen später entgeht die "Passat" knapp einer Katastrophe, als in einem Orkan die Ladung verrutscht. Mit 50 Grad Schlagseite läuft das Schiff Lissabon als Nothafen an und kann nach einem Umladen nach Hamburg weitersegeln. Dort wird sie endgültig ausgemustert - die Zeit der frachtfahrenden Segelschiffe ist vorbei.

Travemündes Wahrzeichen

Die "Passat" gehörte zu den schnellsten Großseglern der Welt. Heute ist sie ein Besuchermagnet des Ostseebads Travemünde.

1959 kauft die Hansestadt Lübeck das Schiff. Am Priwallufer in Travemünde geht die "Passat" 1960 endgültig vor Anker, die Segel werden verkauft. Sie ist heute das schwimmende Wahrzeichen des Osteebades und dient als Museumsschiff, Jugendherberge und maritime Kulisse für Trauungen.

Erhalt wird aus Spenden finanziert

Nur ein einziges Mal verlässt die "Passat" seit 1960 ihren Liegeplatz: 1997 wird sie in Lübecker Flender Werft für rund 3,7 Millionen Euro saniert. Schlepper ziehen sie ein Jahr später zurück nach Travemünde, Zehntausende säumen das Ufer und begrüßen das betagte Schiff. Rund 350.000 Euro kostet der Erhalt des 115 Meter langen Windjammers jährlich, ein Betrag, der sich aus Spenden und durch die Stadt Lübeck finanziert.

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Dieses Thema im Programm:

Hamburg Journal |07.09.2020 | 19:30 Uhr

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